Vor fast 30 Jahren flieht Adama Traoré aus seinem Geburtsland, der Elfenbeinküste, nach Deutschland. In den ersten Jahren seines Lebens erlebte er immer wieder rassistische Diskriminierung – im Bus, bei der Arbeit oder bei der Ausländerbehörde. Die Geschichte eines lebenslangen Kampfes gegen Rassismus.
Im Jahr 1990 muss Adama Traoré aus politischen Gründen aus der Elfenbeinküste fliehen. Nach einem kurzen Aufenthalt in Frankreich und Norwegen beschließt er, sich in der Stadt Hagen in Deutschland niederzulassen. Da er erst 21 Jahre alt ist, weder Freunde noch Familie hat und kein Deutsch spricht, wendet sich Adama an die erste schwarze Person, die er trifft, einen Togolese, der ihn bei sich aufnimmt. Dieser bringt ihn zu einem Anwalt, der ihm helfen soll, in Deutschland zu bleiben.
Rassismus am Arbeitsplatz…
Die Ankunft in Deutschland ist für Adama nicht einfach. Sowohl seine Arbeitgeber als auch das Arbeitsamt werden es ihm schwer machen, einen festen Arbeitsplatz zu finden.
Sein erster Job in einer Druckerei in Hagen nimmt kein gutes Ende. Nachdem ihm ein Fehler beim Drucken unterlaufen ist, sagte sein Chef zu ihm: „Druckt man so im Land der Neger ?“ Adama kann rassistische Beleidigungen nicht ertragen und verpasst seinem Chef einen Stoß mit dem Kopf, der diesem die Nase bricht. Seine Kollegen können die rassistischen Beleidigungen des Arbeitgebers – zum Glück für Adama – bezeugen, weshalb dieser ihn schließlich nicht verklagt. Damit endet diese Episode. Natürlich ist physische Gewalt keine Lösung im Umgang mit Rassismus. Ausgelöst durch die Beleidigung hat Adama hat jedoch eine solche Demütigung empfunden, die beim ihm eine derart heftige Reaktion provoziert hat.
Nach diesem Vorfall schickt das Arbeitsamt Adama für eine Probezeit in eine Druckerei nach Solingen. Der Arbeitgeber ist mit seiner Arbeit sehr zufrieden und entscheidet sich, ihn einzustellen.
Dann teilt die Einwanderungsbehörde seinem Arbeitgeber mit, dass er Adama nicht einstellen könne. Er solle Deutschen, Europäern und Türken den Vorzug geben. Ein Moment der rassistischen Diskriminierung für Adama: die Einwanderungsbehörde beurteilt ihn nicht nach seiner Leistung, sondern nach seiner Herkunft. Seinem Arbeitgeber, für den die Qualität der Arbeit an erster Stelle kommt, gelingt es nach mehrwöchigen Gesprächen mit der Einwanderungsbehörde dennoch, Adama einzustellen.
Nach drei Jahren in Solingen kehrt Adama zurück, um erneut in einer Druckerei in Hagen zu arbeiten. Im September 1995 kommen drei Polizeibeamte in die Druckerei. Als sein Arbeitgeber erkennt, dass sie Adama ausweisen wollen, lässt er ihn durch die Hintertür des Gebäudes fliehen. Da Adama sein Bestes gibt, um in Deutschland erfolgreich zu sein, die Behörden ihn aber dennoch abschieben wollen, benachrichtigt sein Arbeitgeber alle lokalen politischen Parteien und Zeitungen, um auf seinen Fall aufmerksam zu machen.
…und außerhalb
Nicht nur in seinem Berufsleben wird Adama mit Rassismus konfrontiert – auch außerhalb der Arbeit, in der Freizeit und im Alltag, erlebt er Rassismus und Diskriminierung.
Im Jahr 1993 als Adama mit dem Bus von der Druckerei nach Hause fährt, sagt ein kleines Mädchen neben ihm zu seiner Mutter: „Mami, schau mal, ein Neger.“ Adama erklärte ihr wohlwollend: „Neger sagt man nicht, das ist ein schlimmes Wort.“ Dauraufin steht die Mutter auf, geht zum Fahrer und sagt ihm, dass „der Neger“ ihre Tochter bedrohe. An der nächsten Bushaltestelle ist die Polizei da: zwei Polizisten vorne, zwei in der Mitte und zwei hinten. Einer von ihnen bittet Adama mitzukommen. „Ich?“, fragt Adama. „Natürlich Sie, wer sonst?“, entgegnet der Polizist. Empört weigert sich Adama auszusteigen, ohne zu wissen, warum. Schließlich mischt sich eine ältere Frau ein, die die Situation verfolgt hat. Sie gibt den Polizisten zu verstehen, dass Adama aufgrund seiner Hautfarbe diskriminiert wurde. An diesem Punkt wendet sich die Situation für Adama zum Besseren. Die Polizisten wollen sich entschuldigen, aber Adama verlangt ihre Ausweisnummer. Dann wendet er sich an die Mutter des Kindes und kritisiert die Art, wie sie ihre Tochter erzieht. Schließlich droht er damit, jeden zu verklagen, der ihm Unrecht getan hat. Die ältere Frau erklärt ihm, dass er, selbst wenn er im Recht ist, den Fall nicht gewinnen kann, weil die Beamten immer geschützt würden.
Die rassistische Diskriminierung macht auch vor der nächsten Generation in Adamas Familie nicht Halt. Seine erste Tochter kommt im Jahr 1993 zur Welt. In der Schule wird sie regelmäßig mit rassistischen Beleidigungen konfrontiert. Im Alter von 10 Jahren wird die Situation für seine Tochter so unerträglich, dass Adama beschließt, mit ihren Lehrern zu sprechen. Als er merkt, dass er nicht ernst genommen wird, entgegnet er: „Wenn ich jemals zurückkomme, wird das schwerwiegende Folgen haben. Ich werde die Schule niederbrennen.“ Mit der Aussage bringt er seine Frustration und Wut über die Ungerechtigkeit zum Ausdruck, die seiner Tochter angetan wurde. Infolge dieser Aussagen, wird Adama vor Gericht schuldig gesprochen und muss eine Geldstrafe zahlen.
„Rassismus hat mich sehr geprägt“
Adama kann Rassismus und Ungerechtigkeit nicht ertragen. Er sagt, dass er bis zum Tod dagegen kämpfen wird, wenn er muss. Seinen Kampfgeist verdankt er der Arbeit auf den Kakaofeldern und dem Taekwondo-Training in seiner Kindheit. In Deutschland kämpft er darum, am Arbeitsplatz alzeptiert zu werden. Seine Hartnäckigkeit trägt Früchte: Im Jahr 1995 nach der Inervention der Polizei bei seiner Arbeit alarmiert sein Arbeitgeber alle politischen Parteien und Zeitungen und macht darauf aufmerksam, dass Adama alles tut, um sich zu integrieren. Daraufhin wird eine Petition gestartet, die ein Teil der Bevölkerung und einige politische Parteien unterzeichnen. Dadurch erhält Adama schließlich eine neue Arbeitserlaubnis.
Auch die Erziehung seiner Kinder wird stark von seinen Erfahrungen beeinflusst: „Der Rassismus hat mich sehr geprägt. Ich habe meinen Kindern gesagt, dass sie stark sein sollen. Auch wenn gesagt wird, dass Schwarze gute Tänzer, Sportler oder Sänger seien, können sie auch Präsident werden.“ Trotzdem überwiegt bei Adama mittlerweile die Resignation: Er glaubt nicht, dass der Rassismus verschwinden wird.
Heute ist Adama 52 Jahre alt und hat die deutsche Staatsbürgerschaft. Er lebt immer noch in Hagen, arbeitet in einer Druckerei und ist als Reggae-Musiker unter dem Namen Adama Sunshine bekannt.
Über den Autor:

Gwenaël hat deutsche und französische Wurzeln und unterrichtet Klavier und Gitarre in Freiburg. Neben der Musik liebt er es, Crêpes und Dreikönigskuchen zu backen. Auch wenn er regelmäßig Zeitung liest, ist journalistisches Schreiben noch Neuland für ihn.