In den 1920er Jahren wurden die europäischen Regierungen von einer faschistischen Welle erschüttert, die schließlich den tödlichsten Krieg der Menschheit auslöste. Ein Jahrhundert später fürchtet die Redakteurin Clotilde Kali, mit einem Blick auf die amerikanische Regierung unter Donald Trump, dass sich die Geschichte wiederholen könnte.
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Trumps demagogische Politik hat eine drastische Spaltung des amerikanischen Volkes zugelassen. Sein Populismus scheint rechtsextreme Gruppen ermutigt und ihnen Gehör verschafft zu haben, indem er ihre Ansichten und Prinzipien teilte, zuließ, dass ihre Hassverbrechen ungestraft blieben – und damit die Vereinigten Staaten von Amerika einen faschistischen Kurs einschlagen ließ?
Der Regierungschef und das Volk: eine Geschichte von künstlicher Nähe
Präsident Trump hat seit Beginn seines Wahlkampfes dafür gesorgt, dass seine Anhänger*innen ihnverehren. Das alles begann mit seinem Wahlkampf, mit seinen lockeren Reden, die gleichzeitig denen des schwierigen Onkels ähneln, den man bei Familienessen zu meiden versucht. Donald Trump hat sich ein Image aufgebaut, das er bei jeder Gelegenheit öffentlich zur Schau stellt. Anstatt dem klassischen unverständlichen Politiker*innen-Jargon, greift Trump lieber auf ‚volksnahe‘ Umgangssprache zurück und erreicht so auch die Arbeiter*innenklasse, die “white voters without college degrees”.
Eine kugelsichere Persönlichkeit
Um seine Persönlichkeit entsteht ein Kult, ein Trump-Fan zu sein, wird zu einer eigenen Identität für viele der 63 Millionen Amerikaner*innen, die 2016 für ihn gestimmt haben. Und das zeigen sie öffentlich, sei es durch Posts in sozialen Netzwerken, Aufkleber auf der Rückseite ihrer Autos oder Fan-Kleidung, vom offiziellen T-Shirt bis zur ikonischen roten Cap mit dem weißen Schriftzug. Trump zu unterstützen und generell ein*e Republikaner*in zu sein, scheint nicht länger etwas zu sein, was man schamhaft versteckt, sondern etwas, was mit Stolz zur Schau gestellt wird. Im Umkehrschluss wirkt jede Kritik am Präsidenten wie ein Angriff auf die eigene Person.

Gewalt entschuldigt, Unsicherheiten vervielfacht
Trumps populistische Politik hilft den Amerikaner*innen in keiner Weise. Dafür zeigt sie aber, dass Populismus und die Spaltung der Gesellschaft Hand in Hand gehen. Unter dem 45. Präsidenten vergrößert sich die Kluft noch weiter, weniger auf wirtschaftlicher und mehr auf ethnischer Ebene. „Build the wall“ ist einer der Schlüsselsätze in Trumps Politik. Ein wichtiger Punkt seiner Präsidentschaftskampagne war sein Versprechen, eine Mauer entlang der Südgrenze des Landes zu Mexiko zu bauen. Mit dem Ziel, Einwandernde aus Mittel- und Südamerika fernzuhalten, die Trump als Bedrohung für die US-Wirtschaft und generell als Angriff auf die Sicherheit der (weißen) amerikanischen Bevölkerung sieht. Ein Stigma, das die Bevölkerung spaltet. So auch die gewalttätigen Demonstrationen mit rassistischem Hintergrund, die von Donald Trump stark verharmlost wurden.
2017 war die rechtsextreme Demonstration “Unite the Right” in Charlottesville Schauplatz eines Terroranschlags auf antifaschistische Gegendemonstrant*innen, bei dem es 28 Verletzte und einen Toten gab. Als er um eine Antwort gebeten wurde, versuchte Präsident Trump, den rassistischen Charakter der Demonstration und des Angriffs zu verharmlosen anstatt ihn anzuprangern. Damit gab er den weißen Nationalist*innen Genugtuung und Macht, die Ängste der rassifizierten Gemeinschaften hingegen wies er zurück und ignorierte sie.
Tschüss Demokratie?
Der jüngste Aufstieg der “Proud Boys”, einer Gruppe faschistischer, waffentragender amerikanischer Männer, die vom Präsidenten persönlich beauftragt wurden, “einzugreifen”, wann immer es nötig sei, ist der Beweis dafür, dass sich das Land immer weiter von der Demokratie entfernt. Diese Entwicklungen gehören mitunter zu den Gründen dafür, dass die Vereinigten Staaten im Demokratieindex als unvollständige Demokratie bezeichnet werden.
Die Vereinigten Staaten von Amerika nehmen weltweit durch ihren wirtschaftlichen, politischen und kulturellen Einfluss eine Vorreiterrolle ein, sie stellen eine Weltmacht dar. Gerade deshalb ist ein Regierungschef, der faschistischen Gedanken und Praktiken anhängt, sehr gefährlich für die globale Ordnung. Es scheint also immer schwieriger zu werden, Menschenrechtsverletzungen zu verurteilen und den Aufstieg des Faschismus auf allen Kontinenten einzudämmen.
*Artikelbild: White supremacy Symbole auf einem Pickup-Truck, November 2020 in North Carolina | Foto: Anthony Crider / flic.kr/p/2kby42n
Über die Autorin:

Als französische Studentin der englischen Literatur und Zivilisation in Straßburg entwickelte sie eine Vorliebe für das Lesen und Schreiben von Essays, zunächst philosophischer, dann politischer Art, und fand dort ihre Berufung. Seit September 2020 arbeitet sie als Freiwillige des DFJW ehrenamtlich beim Studierendenwerk Karlsruhe.